Chemnitz war eine der großen Überraschungen auf unserer Route. Vielleicht, weil wir vorher kaum ein Bild von der Stadt hatten. Vielleicht aber auch, weil sie sich ganz leise, aber sehr bestimmt in unser Reiseherz geschlichen hat.
Chemnitz 2025 – Europäische Kulturhauptstadt. Und ja: Die Stadt vieles ist darauf ausgerichtet, sehr sichtbar und vielseitig erlebbar.
Schon bei der Ankunft hatten wir Glück: ein kleiner Womo-Stellplatz – eigens geschaffen für Kulturinteressierte Wohnmobilisten – direkt mitten in der Stadt, gleich neben dem Feuerwehr-Gebäude und umgeben von Grün. Wasser zapfen erlaubt. Zufällig ergab sich ein sehr netter Kontakt mit einem freundlichen Feuerwehreinsatzleiter – auf dem Bordstein, in der Abendsonne. Über Chemnitz, die Vergangenheit, die Zukunft, über Wandel und Stolz. Ein besonderer Moment.
Die Stadt selbst? Eine faszinierende Mischung aus Industriegeschichte, moderner Kunst, Architektur und viel, viel Grün.
Besonders beeindruckt hat uns das Kaßbergviertel – das größte zusammenhängende Jugendstilviertel Deutschlands. Straßen voller Gründerzeitfassaden, fein verzierte Balkone, Türen, Ornamente. Man läuft und staunt.
Daneben Bauten der Ost-Moderne: wuchtig, klar, direkt. Dazwischen immer wieder große und kleine Parks, Spielplätze, Alleen – Chemnitz ist grüner, als man denkt. Und leiser.
Natürlich darf auch das riesige Karl-Marx-Monument nicht fehlen – „Nischel“, wie er hier liebevoll genannt wird. Beeindruckend in seiner Wuchtigkeit. In der Tat ein Monument, welches noch heute für politische Aktivitäten einen besonderen Schauplatz darstellt.
Richtig spannend fanden wir die alten Garagenhöfe aus DDR-Zeiten. Über 3.000 Garagen allein im Garagenhof Harthweg. Endlos wirkende Reihen, früher funktional, heute Teil eines kreativen Stadtentwicklungsprojekts: „Interventionsflächen“ nennt man das. Hier entsteht Raum für Kultur, Handwerk, Experimente. Ein anderer Zugang zur Stadtgestaltung – und ziemlich inspirierend.
Die Innenstadt selbst? Lebendig, aber nicht überfüllt. Gastfreundliche, zugewandte Menschen. Es gibt gute Restaurants, kleine Läden, Cafés mit Ausblick. Und immer wieder Kunst im öffentlichen Raum, Museen, Veranstaltungen, Führungen – die Kulturhauptstadt nimmt Fahrt auf. Wir hatten die Möglichkeit „European Realities“ im Museum Gunzenhauser sehen zu können, eine sehr spannend kuratierte Ausstellung.
Das KOSMOS-Festival – ein Fest der Demokratie – war ein Highlight on top. Die Stadt lebte, bebte, glitzerte – mit viel Musik, Sound und überberstender Lebensfreude.
Unser Fazit:
Chemnitz ist keine Stadt fürs schnelle Selfie. Sie zeigt sich nicht auf den ersten Blick. Aber wer bereit ist, genauer hinzuschauen, wird belohnt: mit Authentizität, Vielfalt, Offenheit – und einer gehörigen Portion Zukunftsenergie. Ein Ort, der sich immer wieder neu erfindet. Und das ziemlich gut.
Wir wünschen Chemnitz alles Gute – auch für die Zukunft, die mit der Transformation der Autoindustrie sicher nicht einfacher wird. Aber wenn eine Stadt Wandel kann, dann diese.